An dieser Stelle befand sich ein Nebenlager
des KZ Mauthausen.
Bis zu 1480 Häftlinge mußten hier Zwangsarbeit leisten.
1944–1945
An der Ecke Oriongasse mit Haidestraße, befindet sich ein Gedenkstein für die Opfer und Gefangenen des Außenlagers Saurerwerke (aka Wien-West) des KZ Mauthausen. In groben Zügen befand sich das Lager auf dem Gelände der heutigen Firma LGV Frischgemüse Wien reg.Gen.m.b.H.
In der Zeit vom 21.8.1944 bis zum 2.4.1945, wurde von den Internierten dieses Männerlagers mit einer Belegstärke von bis zu 1.480 Menschen, Zwangsarbeit für die Motorenproduktion der Firma Saurer geleistet. Am 2.4.1945 wurde das Lager, mittels wochenlangen, für viele der Internierten tödlichen Fußmärschen, in das Außenlager Steyr evakuiert. (1)
Gehunfähige Häftlinge verblieben im Lager und wurden so ihrem Schicksal überlassen. Auch dieser Umstand kostete noch einigen Internierten das Leben. Ein Häftling schilderte von diesem Marsch:
„Wien lag weiter hinter uns. Von der Front war nichts mehr zu hören.Es gab nur mehr die scharfen Stimmen der Aufseher und die Schüsse, die sie auf die Schwachen abfeuerten. Wenn jemand nicht mehr weiter
konnte oder zu langsam ging und dadurch die ganze Kolonne aufhielt,wurde er mit einem Kopfschuss getötet. Die Menschen wurden vor derganzen Gruppe erschossen und dann in den Straßengraben geworfen. Besonders ein großer, schwarzer serbischer Volksdeutscher, an dessen
Namen ich mich nicht mehr erinnern kann, erschoss mit besonderem Vergnügen die schwachen, nicht mehr gehfähigen Häftlinge. Sehr schlecht war es um diejenigen bestellt, deren Schuhe rissen und die dann zu hinken anfingen. Ein Schuss des SS-Mannes beendete den langen
Marsch eines solchen Häftlings ins Lager. Schlecht erging es einem auch, wenn man Durchfall bekam, weil man vor lauter Hunger vorher Karotten oder Zuckerrüben gegessen hatte. In einem solchen Fall war der Tod unausweichlich“ (2)
Dieser Bericht ist aus einer Arbeit von Herbert Exenberger: 2. April 1945 – Evakuierung des KZ-Nebenlagers Saurer-Werke: exenberger_saurerwerke (pdf.135 KB)
Ende der 1950er Jahre übernahm die Steyr-Daimler-Puch AG die Aktienmehrheit an den Österreichischen Saurerwerken und stellte die Produktion von Lastkraftwagen und Autobussen im Jahr 1969 ein. Weiterproduziert wurden hingegen Panzer und andere Militärfahrzeuge durch die Firma Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeuge GmbH. Der Standort Simmering ging im Jahr 2003 an den US-amerikanischen Waffenkonzern General Dynamics, welcher das Werk im Jahre 2014 schloss.
Das in diversen Publikationen erwähnte Arbeitslager für ungarische Juden, welches sich in „unmittelbarer Nähe“ befunden haben soll, konnte ich nicht verorten. Nachdem diese Menschen Zwangsarbeit auch im E-Werk leisteten, gehe ich davon aus, dass das angesprochene Lager sich wahrscheinlich am Gelände der heutigen Firma Herba-Chemosan Apotheker-AG (Haidestraße 4) und/oder auf dem des HSV – Wien Sektion Hundesport (Haidestraße 8a) befand.
Diesen Gedenkstein im Rahmen einer GeocacherInnenrunde entdeckt. Herzlichen Dank an den Initiator „ThePlank“ für seine Engagement und seine Idee.
Wer waren die SS-Verantwortlichen? (5)
- SS-Hauptsturmführer (Schutzhaftlagerführer)
Gärtner Johann - SS-Oberscharführer
Kleine Karl - SS-Oberscharführer
Plehar Josef - S-Oberscharführer (Führer vom Dienst)
Wittkowski Gerhard - SS-Oberscharführer
Martha Engelbert aus Wien
Am Ende des Krieges – ein Bild der zerstörten Saurerwerke.
1945
1. April: Im Lager werden die Vorbereitungen zur Evakuierung des Lagers getroffen. (5)
2. April: 1 276 Häftlinge in drei Kolonnen treten unter dem Kommando von SS-Oberscharführer Karl Kleine, Josef Plehar und Gerhard Wittkowski den „Todesmarsch“ von Simmering über Purkersdorf, St. Pölten, Mank, Scheibbs, Gresten, Randegg und Seitenstetten nach Steyr an.
Den begleitenden SS Wachen wurde eingeschärft, dass jeder Häftling, der einen Fluchtversuch unternähme oder auf dem Marsch aus Schwäche zurückbliebe, zu erschießen sei und die Leichen verscharrt werden müssten. (5)
Am 23. April 1945 treffen 1 076 Häftlinge des Nebenlagers Saurer-Werke (SS-Arbeitslager Wien XI) im Nebenlager Steyr-Münichholz (SS-Arbeitslager Steyr) ein.
Es fehlen mehr als 150 KZ-Häftlinge, die am 02.04.1945 noch am Leben waren, und deren Schicksal nach wie vor im Dunkeln liegt. Der überwiegende Teil ist wohl von den begleitenden SS-Männern ermordet worden. (5)
1946
Am 25. Februar 1946 informiert der Gendarmeriepostenkommandant von Steyr das Bezirksgendarmeriekommando über mehrere Gräber in der Gemeinde Sierning mit dreißig Leichen von Häftlingen aus den Saurer-Werken. (5)
Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten meldet am 16. Dezember 1946 den Fund von zwei Leichen in KZ Häftlingskleidung auf dem Gebiet der Gemeinde Rabenstein. Bei einem wurde eine Erkennungsmarke mit der Aufschrift „Ostmärkische Saurerwerke“, KZ-Prämienscheine zu 1,– und 0,50 RM und ein Blechstreifen mit der Nr. 104424 gefunden. Diese Häftlingsnummer kennzeichnete den polnischen Forstschützen Janusz Jagusiak, geboren am 02. Mai 1926, der am 20. September 1944 vom KZ Groß-Rosen nach Mauthausen überstellt worden und von dort am 24. September 1944 in das Nebenlager Saurer-Werke gekommen war. (5)
1949
Die Geschenisse im Lager, insbesondere die Tötungen auf dem Evakuierungsmarsch, waren Gegenstand eines 1949 beim Landesgericht Wien durchgeführten Volksgerichtsverfahrens gegen den ehemaligen Kommandoführer Gärtner. Der von der Staatsanwaltachaft Wien 1946 angeklagte ehemalige Führer vom Dienst, Wittkowski, entzog sich der Verhandlung durch Flucht nach Deutschland. Gerichtsverfahren gegen die Direktion des Werkes sind nicht bekannt.(3)
Die Einstellung des Verfahrens gegen Gärtner erfolgt aber bereits am 28. Dezember 1949, da laut Erklärung der Staatsanwaltschaft „kein Grund zur weiteren gerichtlichen Verfolgung“ vorliegt.
Volksgerichtsverfahren gegen Johann Gärtner (SS-Hauptsturmführer)
wegen Misshandlung bzw. Befehlserteilung zur Misshandlung sowie Erschießung von Häftlingen des KZ Saurer-Werke (Außenkommando des KZ Mauthausen in Wien-Simmering) auf dem Evakuierungsmarsch von Wien nach Steyr (Oberösterreich) am 2. April 1945 (Gärtner war Kommandant des KZ und Leiter des Evakuierungstransportes)
Verlauf der Vorerhebungen/Voruntersuchung bzw. des Gerichtsverfahrens
28.12.1949: Einstellung des Verfahrens wegen §§ 1, 3 KVG gemäß § 109 StPO [Erklärung der Staatsanwaltschaft: kein Grund zur weiteren gerichtlichen Verfolgung].
Reste des Lagers mit dem betonierten Wachstand für die SS
1981
Stifter des Gedenksteins : SPÖ Bezirksorganisation Simmering
Gestaltet von Franz Kovar
Enthüllung des Mahnmals am 2. April 1981. Die Gedenkrede hielt der amtsführende Stadtrat Johann Hatzl.
1998
Koll. Thea Schwantner schreibt in einem Mail, dass die erste Gedenkfeier am 8. Mai 1998 stattfand.
2008
Am 8.4.2008 fand bei der Haidestraße 22, 1110 Wien die Gedenkkundgebung zum Gedenken an das ehemalige KZ Nebenlager „Saurer Werke“ statt. Veranstaltet wurde die Gedenkfeier vom Verein Niemals Vergessen und dem Mauthausenkomitee Wien. In der Zeit von 14:00 bis 14:45 fanden sich neben Vertretern der Botschaften der Tschechischen Republik, Polens, Frankreichs, der Slowakei und Deutschlands, der Bezirksvorsteherin von Simmering Kommerzialrätin
Renate Angerer und Vertretern des Vereins Niemals Vergessen, in Summe,
mehr als 80 Personen ein. Unter den TeilnehmerInnen befanden sich BerufsschülerInnen der Berufsschule für Gastgewerbe und der Berufsschule für Einzelhandel und EDV-Kaufleute. Die SchülerInnen der Berufsschule für Gastgewerbe wirkten durch Lesungen aktiv an der Gedenkveranstaltung mit. Bezirksvorsteherin Angerer erinnerte in ihrer Ansprache neben der globalen Dimension des zweiten Weltkrieges an die vielen tragischen Einzelschicksale von Verschleppten und Ermordeten.
2014
Am 2. April 2014 fand hier um 14:00 Uhr auf der Simmeringer Haide in der Haidestraße/Ecke Oriongasse eine besondere Gedenkfeier mit Wiener BerufsschülerInnen statt. (4)
2015
Artikel im Sozialdemokratischen Kämpfer „Das Simmeringer KZ-Nebenlager Saurer-Werke“ – Sozialdemokratische Käpfer 2015
Berufsschule für Gastgewerbe: am Mittwoch, den 8. April 2015 nahmen wir mit zwei Klassen an der Gedenkfeier des ehemaligen KZ-Nebenlagers “Saurer Werke” teil. Zahlreiche Ehrengäste – darunter die Bezirksvorsteherin des 11. Wiener Gemeindebezirkes Eva-Maria Hatzl sowie zahlreiche VertreterInnen der Botschaften und VertreterInnen der Opferverbände nehmen daran teil. Abschluss der Veranstaltung war die gemeinsame Kranzniederlegung beim Gedenkstein, der am ehemaligen Gelände (heute Haidestraße 22 Ecke Oriongasse) steht.
Auszug aus dem Simmeringer Gedenkrundgang vom 11.11.2015 – zur Station Saurerwerker – SimmeringergedenkrundgangAuszug
2016
Gedenkfeier „71 Jahre Evakuierung des KZ-Nebenlagers Saurer -Werke“
am 12.04.2016 (14:00)
Der Verein „Niemals Vergessen“ – Verein für die Förderung von Holocaust-Gedenkstätten & anerkannter Trägerverein für den Auslandszivildienst – veranstaltet im Rahmen des Österreichischen Mauthausenkomitees eine Gedenkfeier anlässlich der Befreiung des KZ-Nebenlagers Saurer-Werke in Wien Simmering.
An der diesjährigen Veranstaltung nehmen u.a. Vertreter/innen der Opferverbände teil. Schüler/innen der Berufsschule für Gastgewerbe, der Berufsschule für Lebensmittel, Touristik & Zahntechnik sowie der Berufsschule für Einzelhandel & EDV-Kaufleute präsentieren ihre Projekte.
Abg. z. NR Dr. Harald Troch wird die Gedenkrede halten und die Kranzlegung durchführen.
Literaturverweise/Quellen:
Marsalek, Hans: Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen, Wien 1995.
Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, München 2006
Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes
(1) Geocachingeintrag von The Plank
(2) Herbert Exenberger: 2. April 1945 – Evakuierung des KZ-Nebenlagers Saurer-Werke
(Leicht geänderte Fassung eines Beitrags in den Simmeringer Museumsblättern).
(3) Der Ort des Terrors – Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager – Band 4, Hrsg. Wolfgang Benz, Barbara Distel – Verlag C.H. Beck – ISBN 340652964x – Seite 447
(4) festschrift-kern-ansicht-43-44
(5) Internetrecherche
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