Saarbrücken – Willi Graf und die Weiße Rose

Zerreist den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um euer Herz gelegt. Entscheidet euch, eh es zu spät ist.

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Gedenktafel am Saarufer in Saarbrücken

So ein Flugblatt des Widerstandskreises „Weiße Rose“ dem Willi Graf angehörte. Dafür ließ ihn die NS-Unrechtsjustiz am 12. Oktober 1943 hinrichten. Graf, geb. am 2.1.1913 lebte von 1922 bis 1937 in Saarbrücken. 1946 wurden seine Gebeine nach Saarbrücken überführt una am 4. November auf dem alten Friedhof St. Johann beigesetzt. 

Willi Graf und sein Leben:

1918
Willi Graf wurde am 2.1.1918 in Euskirchen-Kuchenheim als drittes Kind des Kaufmanns und späteren Molkereibesitzers Gerhard Graf (geboren 31.7.1885) und dessen Frau Anna Gölden geboren.

1922
Nach dem Umzug der Familie 1922 ins Saarland absolvierte Graf in Saarbrücken die Volksschule und das Ludwigsgymnasium.

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Foto: Saarlandbilder.net

1929
trat er dem katholischen Schülerbund „Neudeutschland“ (ND) bei, in dem sich die Traditionen der Jugendbewegung mit katholischen Anliegen verbanden. Hier lernte er auch seine späteren Mitstreiter Rudi Alt (geboren 1915) und Willi Bollinger (1919-1975) kennen.

1937
Nach dem Abitur 1937 wurde Willi Graf zum Reichsarbeitsdienst eingezogen; anschließend begann er inBonn ein Medizinstudium.

1938
Im Januar 1938 wurde Graf wegen seiner Mitarbeit im „Grauen Orden“ und der wiederholten Fahrten und Wanderungen inhaftiert. Vom 22.1. bis zum 5.2.1938 saß er zusammen mit 17 weiteren Mitgliedern des „Grauen Ordens“ in Untersuchungshaft, am 21.4.1938 wurde Graf vor dem Mannheimer Sondergericht wegen „bündischer Umtriebe“ angeklagt. Nach der Annexion Österreichs am 13.3.1938 wurde das Verfahren im Zuge einer Generalamnesie jedoch eingestellt.

1939
übersiedelte Graf nach München, um sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität fortzusetzten.

1940
Im Januar 1940 wurde er zu einer Sanitätsersatzabteilung eingezogen und zum Sanitäter ausgebildet. Im September 1940 wurde er als Sanitätsunteroffizier an die nordfranzösische Kanalküste abkommandiert, bevor er im November 1940 über Flandern nach Burgund versetzt wurde.

1941
Im Frühjahr 1941 beteiligte sich seine Einheit am Feldzug gegen Jugoslawien und Griechenland. Bereits im Mai 1941 wurde seine Einheit schließlich nach Polen verlegt, wo sie bis zum Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 stationiert war. Danach folgte der Einmarsch nach Russland.

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An diesem Abgang zum Saarufer in Saarbrücken ist innen die Gedenktafel an Willi Graf.

1942
Abkommandierung im April 1942. Die Erfahrungen in Polen und Russland und die ideologisch motivierte Grausamkeit der deutschen Besatzer gegenüber der einheimischen Bevölkerung ließen Willi Graf immer wieder in Konflikt mit seinen in der Jugend gesetzten Maßstäben der Nächstenliebe und des Gewissens geraten und bestätigten ihn in seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem nationalsozialistischen Regime.

Im April 1942 wurde Willi Graf in eine Münchener Studentenkompanie versetzt, wo er sein Studium fortsetzen konnte; kurz darauf nahm er wieder Kontakt zu seinen Freunden aus dem „Grauen Orden“ auf, die ebenfalls in München studierten. In seiner Studentenkompanie lernte Graf im Juni 1942 Hans Scholl (1918-1943) und Alexander Schmorell (1917-1943) kennen und wurde von ihnen zu Lese- und Diskussionsabenden eingeladen

Hans Scholl und Alexander Schmorell hatten im Juni 1942 damit begonnen, Flugblätter zu formulieren und zu verteilen. Zwischen dem 27.6. und dem 12.7.1942 verfassten sie zusammen vier Texte, die den Titel „Flugblätter der Weißen Rose“ trugen und in denen auf das Unrecht der Nationalsozialisten aufmerksam gemacht wurde; per Post schickten sie diese anonym an ausgewählte Personen. Nach anfänglichen Zweifeln wurde Graf selbst aktives Mitglied der Widerstandsbewegung.

willi-graf-02-saarbrueckenIm Juli 1942 wurde Willi Graf zusammen mit Scholl und Schmorell erneut an die Ostfront nach Russland abkommandiert, wo die jungen Studenten Zeugen der Kriegsgräuel und Verbrechen der deutschen Einsatzkommandos wurden. Zum Wintersemester 1942/ 1943 kehrten Graf und seine beiden Freunde nach München zurück, wo wiederholt Diskussionsabende veranstaltet und neue Widerstandsaktionen geplant wurden. Während der Weihnachtsferien in Saarbrücken übernahm Willi Graf die Aufgabe, neue Helfer bei seinem alten Freundeskreis aus der Bündischen Jugend zu gewinnen, um die Münchener Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um die Geschwister Hans und Sophie Scholl (1921-1943) zu unterstützen. Dabei musste Graf allerdings feststellen, dass er bei seinen alten Freunden nicht auf die erhoffte Resonanz, sondern auf Zurückhaltung stieß. Lediglich Willi Bollinger und Rudi Alt erklärten sich bereit, bei den geplanten Widerstandsaktionen mitzuhelfen.

1943
Am 7.1.1943 kehrte Willi Graf nach München zurück, zwei Tage später trafen sich Graf, Scholl und Schmorell mit Professor Kurt Huber (1893-1943), um über das geplante fünfte Flugblatt zu diskutieren, in dem auf die bevorstehende Niederlage der deutschen Armee aufmerksam gemacht und Vorstellungen für ein neues Deutschland dargestellt werden sollten. Eine Woche nach Beginn der Vervielfältigung des fünften Flugblattes fuhr Willi Graf am 20.1.1943 nach Köln Bonn, Saarbrücken und Ulm, um weitere Mitglieder für die „Weiße Rose“ zu gewinnen. In Bonn übergab er ein Exemplar des Flugblattes und einen Vervielfältigungsapparat an Willi Bollinger, der 200 Exemplare an verschiedene Personen verschickte.

Die Verteilung der Flugblätter war diesmal gründlich geplant worden; während Graf in Köln, Bonn, Saarbrücken und Ulm für die Verteilung sorgte, verschickten Scholl und Schmorell in München einige hundert Briefe. Sophie Scholl fuhr, während sich Willi Graf im Rheinland aufhielt, nach Augsburg, um dort ebenfalls Briefe einzuwerfen. Auch in Stuttgart, Salzburg, Wien, Berlin und Linz an der Donau wurden die Flugblätter per Post versandt. Außerdem begannen Hans Scholl und Alexander Schmorell, nachts Wandparolen gegen Hitler und die Nationalsozialisten an Häuserwände zu malen. An den darauf folgenden nächtlichen Aktionen nahm auch Willi Graf teil. In den Tagen vor der letzten Aktion in der Nacht vom 15. auf den 16.2.1943 hatten die drei zusammen mit Professor Huber bereits mit der Herstellung des sechsten Flugblattes begonnen und es am 16.2.1943 versandfertig gemacht.

willi-graf-02Da nach der ersten Versandaktion des sechsten Flugblattes noch eine größere Anzahl der Schriften übrig geblieben war, wollte Hans Scholl diese in der Münchener Universität verteilen, wobei er und seine Schwester Sophie verhaftet wurden. Am 18.2.1943 wurde Willi Graf, der ein Angebot Schmorells zur Flucht ausgeschlagen hatte, zusammen mit seiner an den Widerstandsaktionen unbeteiligten Schwester Anneliese in München festgenommen. Der Prozess gegen Willi Graf, gegen die mittlerweile ebenfalls inhaftierten Alexander Schmorell, Professor Kurt Huber und weitere elf Mitglieder der „Weißen Rose“ wurde am 19.4.1943 eröffnet. Nach ersten Versuchen, seine Beteiligung zu leugnen, konnte Graf bald nicht mehr verbergen, dass er als Hauptbeteiligter dem engsten Kreis der „Weißen Rose“ angehört hatte.

Bereits am 22.2.1943 waren Sophie und Hans Scholl wegen landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat vom Volksgerichtshof unter dem Vorsitz Roland Freislers (1893-1945) zum Tode verurteilt und hingerichtet worden.

willi-graf-saarbrueckenAuch bei Graf lauteten die Anklagepunkte auf Vorbereitung zum Hochverrat, Wehrkraftzersetzung und Feindbegünstigung. Außerdem wurde ihm noch die Teilnahme an Besprechungen über die Flugblattherstellung, die Beihilfe beim Abziehen der Flugblätter, die Beschaffung von Briefumschlägen, die Mithilfe bei der Versendung der Briefe sowie deren Finanzierung, die Beteiligung an zwei „Schmieraktionen“ und die Werbung weiterer Gesinnungsfreunde vorgeworfen. Schließlich wurde Graf durch Roland Freisler zum Tode verurteilt. Die Vollstreckung des Urteils wurde jedoch ein halbes Jahr ausgesetzt, da sich die Gestapo aus den Verhören Willi Grafs weitere Namen von Oppositionellen erhoffte. Graf war jedoch äußerst verschwiegen und rettete so vielen Mitstreitern das Leben.

Willi Graf wurde am 12.10.1943 im Gefängnis Stadelheim im Alter von 25 Jahren mit dem Fallbeil enthauptet und in München auf dem Friedhof am Perlacher Forst bestattet.

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wurden die Gebeine exhumiert und auf dem Alten Friedhof Sankt Johann in Saarbrücken beigesetzt.

2003
verlieh ihm die Stadt Saarbrücken posthum die Ehrenbürgerwürde.

2013
Am 10. September benannte der Saarbrücker Stadtrat die untere Berliner Promenade in „Willi- Graf-Ufer“.

Ferdinand der Sänger – Willi Graf Lied

Diese Filmdokumentation ist auf eine wahre Begebenheit im Januar 1943 zurückzuführen. Sie beschreibt die mutige Reise Willi Grafs mit einer Kopiermaschine und dem fünften Flugblatt der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ nach Saarbrücken. Zur gleichen Zeit sieht sich die sechste Armee von General Paulus im sogenannten Stalingrader Kessel zur Aufgabe gezwungen. Erstmals im Kriegsgeschehen zeichnet sich eine Wende ab. Doch schon bald werden Willi Graf und seine Freunde verhaftet. Die legendäre Kopiermaschine wird von Willi Grafs Freund Willi Bollinger in der Saar versenkt.
Der Film zeigt auch schöne, alte Stadtbilder von Saarbrücken vor der Zeit der Bombardements durch britische und amerikanische Kampfgeschwader.

 

Literaturtipps:

Peter Goergen: Willi Graf  –  ein Weg in den Widerstand, Band 11 – Geschichte, Politik & Gesellschaft, eine Schriftenreihe der Stiftung Demokratie Saarland, Röhrig Universitätsverlag. ISBN 978-3-86110-458-2
Mehr dazu: 22


Quellenangaben:
Portal Rheinische Geschichte
Saarland Lese

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