Kriegsgefangenenfriedhof Frauenkirchen

Soldatenfriedhof 02Der Kriegsgefangenenfriedhof in Frauenkirchen im Burgenland beinhaltet Gräber von Kriegsgefangenen des Ersten Weltkrieges. Die Kriegsgefangenen stammten vorwiegend aus Serbien, Russland und Italien.
Die Baracken und Restimmobilien wurden 1919 zum Kauf angeboten, sodass vom ehemaligen Kriegsgefangenenlager innerhalb kürzester Zeit nur der Friedhof übrig blieb. Auf diesem wurden zwischen 4.500 und 6.000 Personen in Einzelgräbern und 14 Schachtgräbern, die aus der Typhusepidemiezeit stammen, beerdigt. Mit der Pflege und Instandhaltung des Friedhofes wurde das „Schwarze Kreuz“ betraut. Die markanten Elemente des Friedhofes sind heute die italienische Kapelle, die bereits während des Bestehens des Lagers von italienischen Gefangenen erbaut wurde, und das rund 2,5 m hohe steinerne „Serbenkreuz“.

Soldatenfriedhof 01Die Geschichte des Gefangenenlagers und des Friedhofs

1914
Die Errichtung des Kriegsgefangenenlagers in Boldogasszony/Frauenkirchen begann bereits im September 1914, wobei dafür russische Gefangene herangezogen wurden. (1) Die aufgestellten Wohnbaracken waren etwa 40 m lang, 10 m breit und 4-5 m hoch. In jeder fanden zunächst 400 Mann, im Winter 1914/15 bis zu 600 Gefangene, Unterkunft. Bereits im Herbst 1914 wurde das Lager Boldogasszony zu einem serbischen Kriegsgefangenenlager umfunktioniert. Das Kriegsgefangenenlager Boldogasszony war seit seinem Bestehen zugleich auch ein Internierungslager. Die deportierten Zivilpersonen, im Lager waren Männer, Frauen und Kinder aller Altersgruppen, kamen aus Serbien, Montenegro und der Bukowina.

Winter 1914/15
Der Aufbau des Lagers erfolgte unter massivem Zeitdruck, sodass Missstände bei der Errichtung vorhersehbar waren. Die mangelhaften hygienischen Vorkehrungen und die massive Konzentration von Personen auf engstem Raum führten im Winter 1914/15 dazu, dass sich Epidemien wie Flecktyphus rasch ausbreiten konnten.

1915
Die Epidemie erreichte Anfang Feber 1915 mit über 100 Todesopfern täglich ihren beklagenswerten Höhepunkt. Ein Inspektionsbericht vom 10. April 1915, sprach von 3.690 Flecktyphusopfern.

Bericht Sanitätschef Prof. Dr. Schattenfroh am 9. Februar 1915 an das k. u. k. Kriegsministerium in Wien: (2)

Friedhof - Flecktyphusopfer„Boldogasszony. Seit der letzten vor 3 Wochen erfolgten Inspizierung des Lagers hat sich der Zustand erheblich verschlechtert. Der Krankenstand ist enorm gestiegen, ausser den ausgewiesenen Kranken der Spitalsbaracke liegt ein Vielfaches von Kranken in den Wohnbaracken ohne ärztliche Behandlung und ohne jegliche Pflege, sodass gegenwärtig mindestens 5000 Insassen des Lagers als schwerkrank, vermutlich flecktyphuskrank anzusehen sind. Die Mortalität hat 100 pro Tag überschritten. Das Wachbataillon, das im Ort in zahlreichen Ubikationen verstreut untergebracht ist, weist bereits einen Stand von 17 Flecktyphusfällen auf, unter diesen mit tödlichen Ausgang. […]
Von den vor drei Wochen ins Lager dirigierten 7 Ärzten sind 2 an Flecktyphus erkrankt, 2 wegen anderer Erkrankungen in Abgang gegangen, 1 leidet unter Rheumatismus, so dass gegenwärtig nur 3 österreich-ungarische Ärzte Dienst machen. […]
Es darf allerdings nicht verhehlt werden, dass voraussichtlich ein erheblicher Erfolg gegenwärtig nicht mehr zu erwartet werden kann. Das Beste wäre die Auflassung des verseuchten Lagers und die Unterbringung des gesunden Restes der Gefangenen unter geeigneten Vorsichtsmaßregeln in einem unter günstigen äusseren Bedingungen hergestellten neuen Lager. Augenblicklich steht der Schutz des Wachbataillons unter der Bevölkerung der Ortschaft jedenfalls im Vordergrund. […]“

Arbeitseinsatz außerhalb des Lagers (3)
Im Feber1915 befahl das Militärkommando den Arbeitszwang der Kriegsgefangenen zur Aufrechterhaltung der Volks- und Kriegswirtschaft. Die Gefangenen wurden zu Arbeitseinsätzen in der Land- und Forstwirtschaft, im Gewerbe, in der Industrie, im Bergbau und im Militärbereich eingesetzt. Die zugewiesenen Kriegsgefangenen wurden von den Gemeinden in Eigenregie auf die einzelnen Bauernhöfe aufgeteilt.

1916
Ab 1916 hatte es einen Lagerstand von rund 30.000 Gefangenen, wobei sich jedoch rund 2/3 der Gefangenen auf Arbeitseinsatz außerhalb des Lagers befanden. Das Lager hatte eine eigenständige Infrastruktur, die unter anderen aus einem Grundwasserbrunnen, einer Stromkraftanlage, einer Feldbahn und einem Lagerpostamt bestand. Mit der Bewachung des Lagers Boldogasszony wurde das königlich-ungarische XIV. Landsturm-Wachbataillon betraut. Die Anzahl der Wachleute im Lager Boldogasszony schwankte zwischen 300 und 1.200 Mann und zwischen 13 und 26 Offizieren. Im Sommer 1916 wurden rund 2.500 montenegrinische Internierte ins Lager gebracht. In Frauenkirchen waren nur wenige Offiziere, zumeist Montenegriner und Italiener, in abgesonderten Baracken inhaftiert.

Soldatenfriedhof 05Soldatenfriedhof 07Leben im Lager (3)
Der Tagesablauf der Gefangenen war straff organisiert, er bestand aus Arbeitszeiten, Ruhepausen, hygienischen Maßnahmen und Freizeit. Um die Autarkie des Lagers gewährleisten zu können, wurden im Lager Boldogasszony Werkstätten für Tischler, Schneider, Schlosser und Schuster eingerichtet. Zudem gab es Arbeit in den Küchen, in der Bäckerei, Wäscherei, Krankenbaracke, der lagereigenen kleinen Agrar- oder Viehwirtschaft und in der Lagerverwaltung.

1918
Am 1. November 1918 befanden sich 4.034 Gefangene im Lager und 25.900 Gefangene außerhalb des Lagers im Arbeitseinsatz.

1919
Die Baracken und Restimmobilien wurden 1919 zum Kauf angeboten, sodass vom ehemaligen Kriegsgefangenenlager innerhalb kürzester Zeit nur der Friedhof übrig blieb.

1954
Soldatenfriedhof 04Das jugoslawische Denkmal wurde 1954 feierlich eingeweiht.Die Mehrheit kam vom Balkan. Daran erinnert nicht nur das „Serbenkreuz“, sondern auch das „jugoslawische Denkmal“, das im Dezember 1954 errichtet wurde. Unter der Patronanz von Staatschef Marschall Tito, der einst als k. u. k. Artiellerie-Unteroffizier in russische Gefangenschaft geraten und aus der er als Kommunist zurückgekehrt war. (4)

1927

Soldatenfriedhof 062014
ORF-Berichterstattung
1. Weltkrieg: Tausende starben in Lagern
Während des Ersten Weltkrieges blieb das heutige Burgenland von Kampfhandlungen verschont. Doch das Sterben stand auf der Tagesordnung: In mehreren Kriegsgefangenenlager waren 90.000 Menschen aus Serbien, Bosnien, Gallizien, Russland und Italien inhaftiert.

1.November 2014
An dem ökumenischen Festakt in Frauenkichen (Bezirk Neusiedl am See) haben neben dem offiziellen Burgenland Vertreter der katholischen, der evangelischen und der serbisch-orthodoxen Kirche teilgenommen. Unter ihnen war Bischof Theodosius von Ras und Prizren, der das „Serbenkreuz“ weihte. (5)

Erinnern und Gedenken – Gedenkzeremonie am Kriegsgefangenenfriedhof in Frauenkirchen

2. November 2014
fand die offizielle Feier zum Gedenken an den Ersten Weltkrieg statt.

Im Seewinkel stand eines der ersten Kriegsgefangenenlager der Monarchie

Frauenkrichen/Boldogassony – Im burgenländischen Seewinkel wird in diesem Jahr zu Allerheiligen nicht bloß bei den Kriegerdenkmälern der sogenannten eigenen Helden gedacht. In Frauenkirchen, das die Ungarn seit jeher Boldogassony genannt haben, versammeln sich Vertreter der katholischen, der evangelischen und der serbisch-orthodoxen Kirche zu einem ökumenischen Festakt im Gedenken an die Toten aus jenem Kriegsgefangenenlager, das in aller Eile schon im September 1914 aus dem transleithanischen, also ungarischen Steppenboden gestampft worden ist.

 

Quellenverzeichnis:

(1) Wiki – Kriegsgefangenenfriedhof Frauenkjirchen
(2) Quelle: Vojensky Historicky Archiv. Bratislava. 5KK/1915, PREZ 140,90-12/10/4 im Burgenland History Blog
(3) www.frauenkirchen.net
(4) Allerheiligen auf dem pannonischen „Serbenfriedhof“ von Wolfgang Weisgram im Standard vom 31.10.2014
(5) ORF-Burgenland
Frauenkirchen: Gedenken an 1. Weltkrieg

 Literaturhinweise:

  • „S/e leben nicht der Gegenwart, sondern der Zukunft zuliebe“ Informationen und Bestellungen: +43(0)69910343226 herbert@brettl„at, www.brettl.at

 

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